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Paul Cichon·4. Mai 2024

Trotz lächerlichem Marktwert: Ist er der beste Spielmacher Europas?

Artikelbild:Trotz lächerlichem Marktwert: Ist er der beste Spielmacher Europas?

Wer ist der beste Spielmacher in ganz Europa? Dem eingefleischten Fußballfan schießen dabei sicher Spieler wie Kevin de Bruyne, Bruno Fernandes oder Toni Kroos in den Kopf. Diese Spieler sorgen bei ihren jeweiligen Top-Teams seit Jahren für unglaubliche Gefahr, lenken das Spiel und setzen Mitspieler in Szene. Tatsächlich ist aber der Bochumer Kevin Stöger der gefährlichste Mittelfeldspieler in Europas Top-5-Ligen.

108 Mal schon hat der Österreicher laut 'FootyStats' einen seiner Mitspieler mit einem Schlüsselpass so freigespielt, dass dieser zum Abschluss kommen konnte. Nur Bruno Fernandes von Manchester United kann ihm da halbwegs das Wasser reichen. Stöger schafft diese Kunstwerk allerdings bei einem Team, dass eigentlich kaum den Ball hat und selten offensiv gefährlich wird.


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Doch was macht diesen Kevin Stöger, der mit seinen 15 Scorerpunkten maßgeblich dafür sorgt, dass Bochum in dieser Saison zum dritten Mal in Folge gute Chancen auf den Klassenerhalt hat, so erfolgreich? Und warum fordert so mancher VfL-Fan, dass der wichtigste Bochumer im Abstiegskracher bei Union Berlin nicht auf dem Rasen stehen dürfe?

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Aus der Jugend des VfB Stuttgart kommend, begann die Karriere des Kevin Stögers eher schleppend. Über Kaiserslautern und Paderborn landete der damals 22-Jährige 2016 erstmals beim Zweitligisten VfL Bochum. Technisch zwar versiert und mit gutem Auge fehlte es dem nur 1,76 Meter großen Mittelfeldspieler eigentlich an Athletik, Torgefahr und Durchsetzungsvermögen, doch an der Castroper Straße gelang ihm ein erster zaghafter Durchbruch.

Erstmals legte Stöger eine zweistellige Zahl an Scorern auf, erregte das Interesse von Bundesligist Fortuna Düsseldorf und wechselte in die oberste deutsche Spielklasse. In Düsseldorf und später in Mainz kam der Spielmacher aber nie über eine Jokerrolle hinaus.

Auch ein echtes Zuhause fand der Österreicher dort nicht. Bei bisher keinem Profiklub hielt Stöger es länger als zwei Jahre am Stück aus. Auf der Suche nach dieser Heimat und einer Wohlfühlathmosphäre, wechselte Stöger im Sommer 2022 zurück nach Bochum. Beim erst im Vorjahr aufgestiegenen Klub aus dem Ruhrpott wollte Stöger zu alter Stärke zurückfinden und tat das spätestens in seiner zweiten Saison eindrucksvoll.

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In eigentlich allen Offensivstatistiken legt Stöger in dieser Saison vergleichbare Zahlen auf wie die europäische Elite um KDB, Bruno Fernandes, Ilkay Gündogan und Co. Laut Statistiken von 'fbref.com' ist Stöger bei abgegebenen Schüssen, schusserzeugenden Aktionen, Vorlagen und erwarteten Vorlagen das Maß aller Dinge. Nahezu alle Spieler in den Top-5-Ligen erreichen schlechtere Zahlen als der Österreicher, der auf 'transfermarkt.de' trotzdem nur einen Marktwert von vier Millionen Euro hat.

Vor allem im Passspiel liegt Stögers größte Stärke. Neben der unglaublichen Zahl an Schlüsselpässen, spielt er im Schnitt auch fast zehn Pässe mit Raumgewinn in 90 Minuten. Mehr als der Großteil aller anderen Profis in diesem Zeitraum. An 41 Prozent der VfL-Tore ist er direkt beteiligt.

Was zu dem Gesamtbild Stögers mal so gar nicht passt, ist dessen Passquote. Nur rund zwei Drittel seiner Bälle bringt Stöger an den Mann. Warum er trotzdem erfolgreich ist, weiß dessen Ex-Trainer Thomas Letsch: "Er lässt sich nicht beirren. Wenn er drei Fehler gemacht hat, will er den Ball ein viertes Mal haben". Der mittlerweile entlassene VfL-Trainer stellte auch fest: "Inzwischen hat er ein gutes Gespür und hat eine super Balance entwickelt zwischen Defensive und Offensive, außerdem coacht er die Jungs auf dem Platz."

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Ohne Stöger kann der VfL quasi nicht mehr gewinnen. Einzig den Sieg gegen den VfB Stuttgart fuhr Bochum in dieser Saison ohne den krankheitsbedingt fehlenden Stöger ein. Bei den wichtigen Siegen gegen Bayern und Hoffenheim war der Spielmacher immer der entscheidende Mann auf dem Platz und scorte jeweils doppelt.

Schon kurz nach seinem zweiten Wechsel sprach der 30-Jährige beim 'Radio Bochum' von der tollen Beziehung zwischen Mannschaft und Fans bei seinem neuen, alten Klub. Und auch nach dem Sieg gegen Hoffenheim in der vergangenen Woche sprach Stöger aus, was ihn beim VfL so erfolgreich macht. Das Team und er selbst hätten "extrem von der Stimmung profitiert“.

Von der Atmosphäre an der Castroper profitiert Stöger sogar so sehr, dass er das Interesse anderer Klubs weckt. Stögers Vertrag beim VfL läuft im Sommer aus und ausgerechnet über einen Wechsel zum direkten Tabellennachbarn und Gegner am Sonntag wird nun spekuliert. Im Falle des Unioner Klassenerhalts soll Stöger, laut 'Sport Bild', in der kommenden Saison die notorisch an Kreativität und Torgefahr krankenden Mittelfeldspieler der Eisernen unterstützen.

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Die von Stöger so geliebten VfL-Fans sehen darin einen Interessenskonflikt. Spielt Stöger am Sonntag etwa verkappt für den Klassenerhalt der Eisernen und nicht ihres Vereins aus dem Ruhrpott? Schon vor dem Spiel gegen Hoffenheim waren die Zweifel an Stöger mancherorts groß. Doch der Österreicher gab nicht nur nach eigener Aussage "die beste Antwort auf dem Platz".

In Berlin wird Stöger allen Zweifeln zum Trotz vermutlich von Beginn an auflaufen. Für das Spiel der Bochumer ist er so imminent wichtig, dass sich VfL-Interimstrainer Heiko Butscher einfach nicht erlauben kann, auf einen der aktuell besten Spielmacher Europas zu verzichten. Bei Union wird man währenddessen hoffen, dass Stöger einen schlechten Tag erwischt und in Berlin mal nicht auf Champions-League-Niveau agiert, sondern dann doch eher wie einer, der im tristen Abstiegskampf der Bundesliga spielt.