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·31. August 2019

Ignorierte Warnsignale: BVB blamiert sich bei Union

Artikelbild:Ignorierte Warnsignale: BVB blamiert sich bei Union

Borussia Dortmund hat am Samstagabend nach einem ergebnistechnisch perfekten Saisonstart seine erste Niederlage kassiert. Beim vermeintlich hoffnungslosen Underdog Union Berlin ging der BVB völlig verdient ohne Punkte vom Platz. Mal wieder hatte das Team mit Meisterambitionen nicht nur kein Konzept gegen unterlegene Gegner, sondern machte sich sogar lächerlich.

Kaum anders ist die Vorstellung der Borussen in der Bundeshauptstadt zu bezeichnen. Machte jemand sich die Arbeit, eine Mängelliste zu erstellen, er bräuchte nicht viel weniger Zeit als die 101 Minuten, die die Partie mit Nachspielzeiten insgesamt dauerte. Dabei bliebe kein Teilbereich des Fußballspiels ausgespart. Mit dem Ball zeigte sich der BVB pomadig und gedanklich langsam. Gegen das Spielgerät ließ sich die Mannschaft von Lucien Favre mit einfachsten Mitteln übertölpeln. Das individuell womöglich am schwächsten besetzte Team der Bundesliga hätte gegen Dortmund am Samstag sogar ein viertes oder fünftes Tor nachlegen können.


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Schlechte Leistung und inakzeptabler Auftritt

Schlechte Tage sind freilich erlaubt und wären sogar, gerade zu Saisonbeginn, noch abzuhaken. Doch es war nicht nur ein Abend, an dem die natürlich weiterhin vorhandene große eigene Qualität nicht zum Vorschein kam. Es war auch ein Abend, an dem beim BVB zu keinem Zeitpunkt das Gefühl aufkam, hier stehe eine Mannschaft auf dem Feld, die unbedingt einen Sieg erringen will. Und daran glaubt, dies auch zu schaffen, komme was wolle. Soviel wie bei Borussia Dortmund seit Saisonbeginn 2018/19 über Mentalität und Körpersprache und Willen und Dagegenhalten gesprochen wird, ist ein Auftritt wie der gegen Union Berlin nicht nur schwer zu verstehen. Er ist vor allem völlig inakzeptabel.

Ignorierte Warnsignale

Besonders schlimm wird die Leistung im Gesamtkontext der noch jungen Spielzeit. Schließlich hatte mit dem 1.FC Köln erst vor acht Tagen ein weiterer Aufsteiger ein dickes Warnsignal an den BVB gesendet. Bei den Geißböcken rettete sich Dortmund nach beinahe indiskutablen 60 Minuten über pure individuelle Qualität infolge einer klugen taktischen Umstellung von Favre. Dabei profitierte man stark von den schwindenden Kräften der Rheinländer. Am Samstag gab es nicht nur keinen Umschwung von der Bank, es wirkte vielmehr so, als habe keiner der Beteiligten überhaupt verstanden, wie nah man in Köln bereits an einer ersten herben Enttäuschung in der Saison war. Wenn der Sieg dort als Warnsignal verstanden werden kann, ist festzuhalten, dass alle Beteiligten dieses fahrlässig ignorierten.

Seltsame Ergebnisse in der Analyse

Dass den BVB dieses Problem ereilen könnte, wurde dabei schon direkt nach dem Spiel in der Domstadt und auch unter der Woche deutlich. Da war bei vielen Beteiligten die Rede von lobenswerter Geduld, mit der der Vizemeister sich letztlich gegen den Effzeh durchgesetzt habe. Der 3:1-Sieg verkam dabei auf nicht nachvollziehbare Weise zu einer nahezu selbstverständlichen Folge der gesamten 90 Minuten. Im Eifer des Gefechts nach der Partie wäre diese Interpretation womöglich noch zulässig, dass Favre sie in der Spieltagspressekonferenz vor dem Trip in die Hauptstadt wiederholte, also nach Analyse, Besprechung und Aufarbeitung im Trainingsbetrieb, sollte spätestens nach Samstagabend aufhorchen lassen.

Dortmund schon wieder ein Papiertiger?

Eine gewisse Beratungsresistenz ist dem Schweizer wohl durchaus anzulasten. Dass der BVB immer wieder gegen vermeintlich kleine Gegner enttäuscht und wichtige Punkte lässt, ist jedenfalls wohl kaum ein Zufall. Dafür muss die Verantwortung letztlich bei demjenigen gesucht werden, der das Team taktisch und mental auf die Partien einstellt. Ein Fortschritt im Vergleich zur Vorsaison ist in diesen Bereichen nicht zu finden. Es passt so gar nicht zu den großen Ambitionen und Investitionen des Sommers. Trotz des ergebnistechnisch bis dato gelungenen Saisonstarts präsentiert sich Borussia Dortmund auch in der Saison 2019/20 noch als Papiertiger.

Große Abhängigkeit von individueller Qualität

Es ist eine Mannschaft, bei der Anspruch und Wirklichkeit noch immer dazu neigen, zu weit auseinander zu gehen. Die in in diesem Ausmaß nicht nachvollziehbarer Abhängigkeit von den individuellen Leistungen einzelner Akteure steht. Das ist bis zur Partie an der Alten Försterei gut gegangen, und wird vermutlich auch in vielen anderen Spielen gut gehen. Jedoch ist die Vorstellung, dieser BVB könne am Ende der Saison Meister werden, anhand von Leistungen in Köln und bei Union gerade grotesk. Dortmund wird sich dabei nicht gegen jeden kleinen Gegner lächerlich machen. Doch, wer dachte, Probleme der Vorsaison seien ausgemerzt, muss sich schon jetzt eines Besseren belehren lassen.

Standardschwäche bleibt ein ständiger Begleiter

Dass die peinliche Pleite in Berlin ausgerechnet vor einer Länderspielpause erfolgt, dürfte derweil der Stimmung nicht eben förderlich sein. Das Spiel hinterlässt einen bitteren Beigeschmack, den der BVB bis Mitte September nicht auswaschen kann. Favre kann in der Zwischenzeit nur mit einem Rumpfaufgebot trainieren. Die schwer fassliche Schwäche bei Standards etwa ist ohne einen Großteil des Stammkaders sicher nicht zu beheben. Daran arbeitet das Dortmunder Trainerteam aber ohnehin seit Monaten ohne jeden messbaren Erfolg. In der vergangenen Saison regten Spieler eine Abkehr von der Raumverteidigung ab, fanden aber kein Gehör. Gut möglich, dass dieses Thema erneut aufkocht.

Aus Warnschuss wird Breitseite

‚Schonungslos analysieren‘ muss man beim BVB die Leistung bei Union, werden die Beteiligten sicherlich nahezu unisono in die Mikrofone diktieren. Wichtiger als die Analyse ist aber, dass endlich auch tatsächliche Maßnahmen erfolgen. Dies gelang in der Vorsaison kaum, und die ersten Nachweise in der neuen Spielzeit suggerieren keine Verbesserung. Die ist aber bitter nötig. War Köln noch ein Warnschuss, versetzte Union dem BVB eine echte Breitseite.

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