2010 als Vorbild: Zeit für eine drastische Verjüngung der deutschen Nationalmannschaft! – Kommentar | OneFootball

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·10. September 2023

2010 als Vorbild: Zeit für eine drastische Verjüngung der deutschen Nationalmannschaft! – Kommentar

Artikelbild:2010 als Vorbild: Zeit für eine drastische Verjüngung der deutschen Nationalmannschaft! – Kommentar

Das 1:4 gegen Japan in Wolfsburg war die Krönung auf einen seit nunmehr fünf Jahre anhaltenden Negativtrends innerhalb der deutschen Nationalmannschaft. Um sich des Schlendrians zu entledigen, sind drastische Maßnahmen nötig: Ich fordere eine drastische Verjüngung des Nationalkaders! Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Ove Frank.

Im Spiel gegen Japan hat man gesehen, dass bei der DFB-Auswahl sowohl individuell als auch strukturell der Wurm drin ist. Vorne hat man kaum Chancen kreieren können und hinten war man anfällig ohne Ende. Dabei haben die Japaner nichts revolutionäres gemacht, sondern im Zentrum tief und Kompakt gestanden, den Gegner ab der Mittellinie aggressiv angelaufen und dann über die schnellen Außenstürmer gekontert. Mehr brauchte es nicht, um der favorisierten deutschen Mannschaft vier Tore einzuschenken. Wäre Marc-André ter Stegen nicht der Weltklassetorhüter, der er nun mal ist, hätten es auch gut sechs oder sieben Gegentore sein können! Dabei hat man der DFB-Auswahl deutlich die Verunsicherung angesehen, die in den letzten Monaten und Jahren immer größer und größer wurde. Das Trikot der Nationalmannschaft wiegt offenbar schwer wie Blei. Tatsächlich bekommt man fast sogar Mitleid mit den Spielern, die diesem Druck ganz offensichtlich einfach nicht mehr standhalten können. Nachdem seit der WM 2018 nichts mehr so wirklich funktionieren will, obgleich man vieles versucht hat, erscheint eine Lösung nun langsam alternativlos zu sein: tabula rasa machen!


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Beim Trainer auch mal "out of the box" denken!

Hansi Flick ist als deutscher Nationalcoach einfach verbrannt. Auch wenn er vielleicht ein guter Trainer ist, von diesen Rückschlägen kann sich die Mannschaft unter ihm einfach nicht mehr erholen. Von daher ist ein Wechsel auf der Trainerposition nun alternativlos und kommt wahrscheinlich schon deutlich zu spät. Wer der Nachfolger sein soll, ist angesichts der aktuellen Lage schwer zu sagen. Viele sprechen von Julian Nagelsmann, doch ist die Frage, ob dieser sich einen so belasteten Posten aktuell wirklich antun will. Vielleicht wäre ein Name besser, der mit dem ganz großen Weltfußball bislang noch gar nicht in Verbindung gebracht wurde, vielleicht jemand wie Christian Titz, der mit dem FC Magdeburg gerade die 2. Bundesliga aufmischt und zeigt, wie man jungen Kickern den Spaß am Fußball vermittelt und so die Großen nicht nur ärgern, sondern auch schlagen kann. Abgesehen von der Position des deutschen Nationaltrainers wäre es wohl ebenfalls sinnvoll, in der Führungsriege des DFB einiges umzustellen. Doch, dass die grauen Herren, Verantwortung übernehmen und dafür an den eigenen Stühlen sägen würden, erscheint angesichts dessen, wie sich der DFB in den letzten Jahren gab, als sehr unwahrscheinlich.

Jogi Löws Maßnahmen von 2010 als Vorbild

Der deutsche Kader hingegen erscheint ebenso verbrannt zu sein, wie der Bundestrainer. Es gibt viele tolle Fußballer in der DFB-Auswahl, doch sobald diese den Adler auf der Brust tragen, scheint ihnen die Fähigkeit genommen, in den fünften oder gar sechsten Gang hochzuschalten. Um dies zu beheben bräuchte es mehr Spieler, die weniger vorbelastet sind, und die Tiefs der vergangenen Jahre nicht mitgemacht haben. Hier wäre wohl ein radikaler Neuanfang nötig, ähnlich, wie es schon 2010 unter Jogi Löw – ja, der galt mal als Visionär und großartiger Trainer – der Fall war. Damals hatte man sich dafür entschieden, anstelle von etablierten Stars lieber jungen Spielern wie Mesut Özil, Sami Khedira oder Thomas Müller eine Chance zu geben und konnte so mit einem erfrischen Offensivfußball eine neue große Euphoriewelle im eigenen Land lostreten, die letztlich im WM-Titel 2014 mündete. Es ist vielleicht an der Zeit, ebendies zu wiederholen. Von der Erfolgslosigkeit der vergangenen Jahre zu sehr belastete Namen wie Ilkay Gündoğan, Thomas Müller, Serge Gnabry, Antonio Rüdiger oder auch Joshua Kimmich, so gut er eigentlich auch sein mag, sollte man vielleicht lieber außenvor lassen und stattdessen junge Spieler reinbringen und ihnen mehr Verantwortung übertragen. Mit Jamal Musiala, Florian Wirtz, Youssoufa Moukoko, Karim Adeyemi, oder Kevin Schade hat man gerade in der Offensive sehr talentierte junge Spieler. In der Abwehr gibt es mit Nico Schlotterbeck, Malick Thiaw und Armel Bella-Kotchap ebenfalls sehr entwicklungsfähige Kicker, die auch auf höherem Niveau spielen können. Im Mittelfeld und auf den Außenverteidigerpositionen könnte man mehr auf Erfahrung setzen und Spielern wie Robert Andrich, Rani Khedira, Robin Gosens und Benjamin Henrichs Führungsrollen zuweisen. System entscheidet über Aufstellung – nicht die Spieler

Auf struktureller Ebene müsste man den Kader auch so aussuchen, dass die Spieler zu einem entsprechenden Spielsystem passen. Kicker in Rollen zu zwängen, die ihnen nicht liegen – das haben wir zuletzt ja immer wieder gesehen – funktioniert einfach nicht. Wenn man sich von den großen Namen löst, besteht auch weniger der Zwang, diese aufstellen zu müssen. Setzt man hingegen auf jüngere oder bis lang weniger beachtete Spieler, kann man diesen wohl eher verklickern, dass das System aktuell Vorrang hat und das jeder eine klare Rolle zugeschrieben bekommt. Auf diese Weise wäre es auch leichter, mal mit einer Dreier- und mal mit einer Viererkette zu spielen, da eigentlich niemand unersetzbar wäre. Dennoch sollte es einige Konstanten geben, die eine Achse bilden: Marc-André ter Stegen im Tor braucht nicht groß diskutiert werden, ebenso wenig wie Niclas Füllkrug als Mittelstürmer. Setzt man dann noch auf Spieler wie Khedira, Andrich oder Gosens, hat man eine erfahrene Achse, die die Truppe auch unter Druck zusammenhalten kann. Von diesen Größen abgesehen sollte man auf Jungs setzen, denen der Raum gegeben wird, frei aufzuspielen. Da sie auch noch jung sind, seien ihnen auch Fehler gestattet. Geht man mit einem entsprechenden Ansatz in das EM-Turnier, wären die Erwartungen, ob der fehlenden Stars zwar ohne Frage geringer, die Stimmung unter den Fans der Mannschaft gegenüber wäre aber wohl offener. Mit diesen Spielern verbindet man weniger das Scheitern der jüngeren Vergangenheit und der öffentliche Druck lässt allmählich nach. Zudem verändert sich die interne Team-Chemie und neue, nicht vorbelastete Strukturen können wachsen. Wer weiß, wozu so ein Team, mit der richtigen Stimmung im eigenen Land, imstande wäre… Foto: Stuart Franklin / Getty Images

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