Wirklich von allen gehasst? Was das wahre Problem dieses Buli-Stars ist | OneFootball

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Maximilian von Stuckrad-Barre·20. April 2024

Wirklich von allen gehasst? Was das wahre Problem dieses Buli-Stars ist

Artikelbild:Wirklich von allen gehasst? Was das wahre Problem dieses Buli-Stars ist

Dass ein Spieler von Werder Bremen dieser Tage davon ausgeht, dass die Fans ihn aus dem Verein haben wollen, überrascht nur wenig. Die Nachricht, dass ein Bremer felsenfest davon überzeugt ist, gerade von den eigenen Unterstützern vom Hof gejagt zu werden, verwundert erst dann, wenn man erfährt, dass es eben nicht um Naby Keïta geht.

Der nämlich hätte nach dem Eklat um seinen Nichtantritt der Auswärtsfahrt nach Leverkusen wahrscheinlich allen Grund, sich im Weserstadion nicht mehr ganz so willkommen zu fühlen. Doch derjenige, den sie bei Werder gerade offenbar rausmobben wollen, ist eigentlich einer der größten Fanlieblinge: Marvin Ducksch.


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„Wenn ich aus Sicht der Fans sprechen würde, hoffen sie, dass ich im Sommer weg bin“, sagte der Angreifer der Grün-Weißen in einer zuletzt viel zitierten Folge des ‘Kicker meets DAZN’-Podcasts. Ducksch, der seit Februar nicht mehr getroffen hat, sieht sich einer unverhältnismäßig großen Welle an Kritik aus dem Lager der Werder-Fans ausgesetzt und gibt auch ganz offen zu, darunter zu leiden.

„Natürlich beschäftigt mich das. Ich bekomme das seit Wochen mit. Es hört einfach gar nicht mehr auf“, erklärte der 30-Jährige sein Hadern mit der öffentlichen Wahrnehmung seiner Person. Vor dem Hintergrund, dass sich in den letzten Wochen, in denen Werder Bremen von Spieltag zu Spieltag kontinuierlich weiter in der Tabelle abgerutscht ist und die Mannschaft zumeist eine ziemlich geschlossen schlechte Leistung zeigte, stellt sich dabei die Frage: Warum ausgerechnet Ducksch?

Ein Teil der Antwort liegt darin, dass in erster Linie technisch versierte Spieler wie Marvin Ducksch es im modernen Fußball ohnehin nicht einfach haben. Denn viele der Qualitäten, die heutzutage von einem Profi gefragt sind, fehlen dem Werder-Stürmer: Robustheit, Ausdauer, Schnelligkeit.

Ducksch selbst geht sogar gewissermaßen davon aus, es mit seinen Anlagen gar nicht mehr in den Profifußball schaffen zu können, wenn er seine Karriere heute beginnen würde, wie er dem ‘kicker’ vor einiger Zeit verriet: “Wenn du annähernd 36 km/h rennen kannst, hast du eine größere Chance es zu packen, als wenn du nur ein gutes Fußballverständnis hast."

Auf die Wahrnehmung bei den Zuschauern hat die fehlende Physis im Spiel Duckschs dabei einen nicht unwesentlichen Einfluss. Denn wer sich ständig in Zweikämpfe wirft und zwischendrin immer mal wieder ein Laufduell gewinnt, kann auch in einem ansonsten schwachen Spiel in gewisser Hinsicht noch überzeugen.

Im Fall von Ducksch ist ein überzeugendes Spiel allerdings fast vollständig von den Momenten abhängig, in dem sein Fußballverständnis zum Tragen kommt. Wenn diese Momente fehlen, macht Ducksch ein schlechtes Spiel, bei dem für den Zuschauer fast nichts auf der Habenseite steht.

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Dazu kommt dann noch ein Problem, von dem viele dieser technisch starken, aber physisch eher schwachen Spieler ein Lied singen können: Die Körpersprache. Ähnlich wie Mesut Özil oder Julian Brandt neigt auch Marvin Ducksch zu stets ganz ergebnisunabhängig hängenden Schultern und gibt eher selten den “Aggressive Leader”. Dazu kommt noch, dass er auf dem Feld oft mit sich und den Mitspielern hadert.

Wenn eine Mannschaft durch die genialen Momente solcher Spieler gewinnt, werden sie gefeiert, wenn es dann aber mal nicht läuft, sind sie auch die naheliegensten Sündenböcke. Ist das also der Grund für all die Kritik an Marvin Ducksch? Dass er ein Bilderbuch-Sündenbock ist? Ganz so einfach ist es nicht. Denn wenn man auf die Momente guckt, in denen Ducksch sein Spiel entfalten konnte und Werder damit zu Siegen trug, stellt man fest: Er sah sich trotzdem in der Kritik.

Nachdem Ducksch Werder im Oktober zu einem Sieg gegen Union Berlin geschossen hatte, jubelte er mit einem an alle Kritiker gerichteten Schweigefinger. Allein: Welche Kritiker? Die gab es zu dem Zeitpunkt nämlich gar nicht so richtig. Ganz im Gegenteil wurde Ducksch in der öffentlichen Diskussion sogar verhältnismäßig differenziert bewertet, schwächere Leistungen wurden zu Saisonbeginn fast immer auch im Kontext des Abgangs von Sturmpartner Niclas Füllkrug betrachtet.

Und trotzdem erklärte Ducksch damals nach dem Spiel: „Ich hatte das Gefühl, dass heute mal etwas anderes raus muss. Es war nichts gegen jemanden persönlich. Ich habe aber schon das Gefühl, dass sich immer wieder Kritik an mir festmacht. Die Geste ist: ‚Redet mal! Ich versuche, auf dem Platz Leistung zu bringen.‘ Und das ist mir heute gelungen.“

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Woher Ducksch all die Kritik nimmt, von der rund um die Spiele seines Klubs fast nie die Rede war, wird mit mit einem weiteren Satz aus dem ‘Kicker meets DAZN’-Podcast klar: „Ich kriege immer wieder mit bei jedem Bild, das gepostet wird, wird ein Thema darunter mit meinem Namen gemacht: ‚Alles scheiße, was ich mache gerade.“

Hier wird augenscheinlich: Ducksch bezieht sich keineswegs auf Kritik von den Supportern im Stadion oder auf andere reale Begegnungen mit krittelnden Werder-Fans. Vielmehr vernimmt er den Gegenwind offenbar fast ausschließlich von dort, wo die Wahrnehmungswetterlage eigentlich immer schlecht ist: Den Kommentarspalten in den sozialen Medien.

Dass dort allerhöchstens ein Zerrbild von der tatsächlichen Wahrnehmung Duckschs entsteht, zeigt nun eine Umfrage des Werder-Portals ‘Deichstube’. Dort wurde gefragt, ob die Werder Fans sich tatsächlich, so wie Ducksch selbst es glaubt, einen Sommer-Abgang wünschen würden. Das für den sich ungeliebt fühlenden Bremer Stürmer vielleicht überraschende Ergebnis: 60 Prozent der befragten Fans wollen, dass Marvin Ducksch bleibt und sind der Ansicht, dass Werder ihn braucht. Nur 31 Prozent glauben, dass er dem Verein nicht mehr hilft.

Auch Ole Werner äußerte sich gegenüber dem 'kicker' entsprechend: "Wenn ich im Stadion bin, dann nehme ich das anders wahr von der Stimmung. Ich glaube schon, dass viele wissen, was er hier nicht nur in der Vergangenheit geleistet hat, sondern was er auch zu leisten imstande ist."

Es scheint also, als liege die Antwort auf all die Kritik ausnahmsweise mal nicht auf dem Platz, sondern in den Händen von Marvin Ducksch, der das Handy nach schwächeren Spielen vielleicht öfter mal weg legen und die immer-negativen Kommentarspalten ignorieren sollte.